Wir alle kennen diese romantischen Sonnenuntergänge am Meer, wo die glutrote Sonne im Meer versinkt. Nur der langwellige Rotanteil des weißen Sonnenlichts durchdringt den Wasserdunst, das kurzwellige blaue Licht wird gestreut. Wir sehen eine rote Sonne, die in der Realität aber genauso hell ist wie die strahlende Mittagssonne.
Ähnlich verhält es sich mit dem menschlichen Auge: Medientrübungen verursachen Lichtstreuungen, welche kontrastschwächend wirken. Mit einem Blue-Blocker vor dem Auge durchdringt nur das langwellige rote Licht die getrübten Medien, was ein scharfes Bild auf der Netzhaut bewirkt. Dies umso mehr, als auch die chromatische Aberration im Auge reduziert wird.
Bekanntlich ist der Mensch für Blaulicht leicht myop, für Rotlicht hyperop. Das Blaulicht wird herausgefiltert, die relative Rotlicht-Hyperopie von 0,12 bis 0,25 dpt wird durch Akkommodation kompensiert und bringt zusätzliche Schärfe. Dadurch entsteht der Eindruck der Aufhellung, den man beim Blick durch Blue-Blocker, speziell bei Kante 450, empfindet. Auch die höhere spektrale Reizempfindung für die Gegenfarbe Gelb führt zum Eindruck der Aufhellung.
Wegen dieser Farbverfälschung ist der Kantenfilter von 511 nm nur noch bedingt straßenverkehrstauglich, also für Tagesfahrten erlaubt, und ab 527 nm vom Gesetzgeber her nicht mehr verkehrstauglich. Die Kantenfilter 400 und 450 nm sind hingegen voll verkehrstauglich.
Ähnliche Auswirkungen findet man auch bei Retinopathia Pigmentosa (RP). Sie zählt zu den Stoffwechselerkrankungen. Bei dieser Erkrankung werden die auch bei gesundem Stoffwechselkreislauf im Auge entstehenden Ablagerungen nicht mehr abtransportiert, sondern im Auge abgelagert. Die Ablagerung auf der Netzhaut kann von außen nach innen erfolgen, was zu einem sogenannten Röhrensehen führt.
Dieser Stoffwechselmüll hat die Eigenschaft, fluoreszierend zu wirken, d. h., durch UV-Einwirkung beginnt dieser „Müll“ zu leuchten. Die Auswirkung dieses Leuchtens ist eine so starke Überstrahlung, dass der Betroffene nichts mehr erkennen kann. Bei RP sind Kantenfilter deshalb das wichtigste Hilfsmittel. Sie vermeiden die Blendung, indem sie das UV-Licht und Teile des blauen Lichts absorbieren und die Überstrahlung der Ablagerungen verhindern. Dadurch wird das Kontrastsehen erheblich verbessert.
Sehr häufig werden Kantenfilter mit Polarisation verwendet, da diese zusätzlich die stark störenden Reflexe, z. B. durch glänzende Bodenflächen oder nasse Straßen, ausschalten. Die meisten RP-Betroffenen tragen verschiedene Kantenfilter, die sie je nach Lichtsituation wechseln. Für sehr sonnige Tage ist oft auch ein phototroper Kantenfilter dabei.